Während der Leningrader Blockade bekamen Alltagsgegenstände eine neue Bedeutung

Metronom

Schlitten

Ledergürtel

Holzleim

Brotkarte

Burzujka

Fenster

Kerosinlampe

Wasserkanne

Kissen und Decken

Tagebuch

Tee

Glühwürmchen

Porzellan
Metronom und Lautsprecher
Gibt durch lautes Ticken Musiker:innen das Tempo vor / elektrisches Gerät, das Töne (verstärkt) wiedergibt.
In den ersten Monaten der Blockade wurden in den Straßen von Leningrad 1.500 Lautsprecher installiert. Das Radiosystem lieferte der Bevölkerung Informationen über Angriffe und Luftalarm. Ein Radio befand sich in praktisch jeder Wohnung. In Abwesenheit von Radioprogrammen wurde das Metronom eingeschaltet. Er hatte eine rein praktische Bedeutung: Das kontinuierlich laufende Metronom diente als Indikator dafür, dass das Radiosystem funktionierte und die Bürger vor Bombardierungen gewarnt werden würden. Ein schneller Takt des Metronoms (über 150 Schläge pro Minute) bedeutete Luftalarm, ein langsamer Takt bedeutete Entwarnung.


Schlitten
Sportgerät zum Rodeln
In den kalten Wintermonaten wurde der Schlitten zum Haupttransportmittel: Straßenbahnen und Oberleitungsbusse standen aufgrund des Stromausfalls still. Auf Schlitten wurden Holz und weiteres Hab und Gut transportiert, Menschen wurden damit in Krankenhäuser gebracht. Sie wurden auch verwendet, um Verstorbene zu den Bestattungsorten zu bringen. Der Blockadewinter von 1941/42 war der härteste und tragischste in der Geschichte der Stadt. Jeden Tag starben in Leningrad durch Hunger, Kälte und Bombenangriffe über 4.000 Menschen. Die Schlitten mit den Toten auf den Straßen bleiben fest in der Erinnerung der Überlebenden.
Ledergürtel


Holzleim
Stärkehaltiger Klebstoff für Holz
Der Leim wurde aus Tierknochen hergestellt und war daher essbar, er enthielt viel Gelatine. Die trockenen gelben oder gräulichen Ziegel wurden mehrere Tage lang eingeweicht und dann gekocht. Nach dem Abkühlen wurde die Masse fest. Die Leningrader fügten dem Gelee Lorbeerblätter, Nelken und Pfeffer hinzu – aus irgendeinem Grund, so schrieben sie in ihren Tagebüchern, gab es in einer Stadt, die nichts zu essen hatte, eine Menge Gewürze.
Brot
Für eine genaue Kontrolle wurde die Lebensmittelrationierung eingeführt. Lebensmittel konnten nur mit Lebensmittelkarten innerhalb der festgelegten Normen oder auf dem Schwarzmarkt erworben oder gegen Kleidung oder Wertsachen getauscht werden. Im November 1941 bestand das Brot aufgrund des Mangels an Mehl nur zu 40-50 % aus Weizenmehl, der Rest bestand aus Pressrückständen, Kleie, Zellulose, Malz, Sojamehl, Mehl aus Kiefernrinde, Birkenzweigen und Samen von Wildkräutern. Andere Lebensmittel waren praktisch nie verfügbar.



Burzujka
Metallofen zum Heizen der Wohnung mit Holz
Der Winter 1941 war ungewöhnlich kalt. Die Temperaturen fielen unter –30 Grad. Die Treibstoffvorräte in der Stadt gingen schnell zu Ende. Die Wohnungen wurden mit selbstgebauten Metallofen, Burzhujkas, beheizt. Die Öfen heizten den Raum schnell auf, kühlten aber genauso schnell wieder ab. In den Öfen wurde alles verbrannt, was brennen konnte, einschließlich Möbel und Bücher. Das Zerlegen von Möbeln, Boden und Holzschuppen wurde zu einer wichtigen Tätigkeit im Überlebenskampf der Einwohner von Leningrad.
Fenster

Kerosinlampe
Lampe, die Licht durch Verbrennen von Kerosingasen erzeugt
Im September 1941 wurde es in den Wohnhäusern verboten, elektrische Geräte zu benutzen, und später wurde die Stromversorgung der Wohnhäuser beendet. Stadtbewohner versuchten, ihre Wohnungen mit selbstgebastelten Kerosinlampen, Koptilka, zu beleuchten. Diese Lampen wurden aus Konservendosen hergestellt und waren mit Kerosin gefüllt. Nachdem das Kerosin ausgegangen war, verwendete man alles, was brennen konnte. Koptilka verschmutzten die Räume, Ruß bildete sich an den Wänden, Decken, Böden, Händen und Gesichtern.


Wasserkanne
Kissen und Decken


Tagebuch
Tee
Während der Blockade wurde Tee aus Fichtennadeln gekocht. Fichtennadeln enthalten Vitamin C, das wichtig für die Aufrechterhaltung der Immunfunktion ist. Angesichts des Nahrungsmangels war das Aufbrühen von Tee aus Fichtennadeln ein Versuch, die Ernährung mit Vitaminen anzureichern und Skorbut zu vermeiden. Skorbut ist eine Vitamin-C-Mangelkrankheit, die durch geschwollenes und blutendes Zahnfleisch, Gelenkschmerzen und allgemeine Schwäche gekennzeichnet ist.


Glühwürmchen
Leuchtkäfer
In der belagerten Stadt war es verboten, jegliche Lichtquellen zu verwenden, selbst Taschenlampen, da sie die Aufmerksamkeit des Feindes auf sich ziehen und Luftangriffe auslösen konnten. Die Blockade-Glühwürmchen waren kleine phosphoreszierende Anstecker, die an der Kleidung befestigt wurden und den Bewohnern des belagerten Leningrads halfen, sich in der während der Blockade völlig dunklen Stadt zu bewegen.
Das schwache Licht der Anstecker war aus der Luft nicht sichtbar und zog keine Aufmerksamkeit der feindlichen Flieger auf sich. Es genügte, das Glühwürmchen in die Nähe einer Lichtquelle zu halten, damit der darauf aufgetragene Stoff das Licht akkumulierte und es dann sowohl bei Regen als auch bei Kälte fünf bis sechs Stunden lang abstrahlte.
Porzellan
Ein durch Brennen hergestelltes, feines und weißes Geschirr
Das bekannteste Muster des Leningrader Porzellans ist das Kobaltnetz, ein Symbol zur Erinnerung an die Leningrader Blockade. Es entstand kurz nach der Aufhebung der
Blockade im Jahr 1944. Es handelte sich dabei nicht einfach um ein geometrisches Muster. Die Künstlerin Anna Yatskevich verzierte das Geschirr mit einem Gitter, das an die zugeklebten Fenster der Häuser und das kreuzweise Licht der Suchscheinwerfer erinnerte, die den Himmel über dem blockierten Leningrad beleuchteten. 1958 wurde diese Porzellanserie auf der Weltausstellung in Brüssel mit der Goldenen Medaille ausgezeichnet.
