Blockade Leningrads in den Aufzeichnungen des 16-Jährigen Schülers Jurij Rjabinkin 1941-1942.

Tagebuch

Die Tagebücher der Kinder des belagerten Leningrads sind ein ergreifendes Zeugnis für die Schrecken des Krieges. Das Tagebuch eines Gymnasiasten, Jurij Rjabinkin, ist eindrücklich. Die Einträge des Jungen zeigen, wie selbst grundlegende menschliche Werte – die Beziehung zwischen Eltern und Kindern – durch den Hunger zusammenbrechen.

22. Juni 1941

Was für Neuigkeiten! Und ich habe so etwas nicht einmal vermutet. Deutschland! Deutschland ist im Krieg mit uns!

28. Juni 1941

Ich habe heute wieder beim Pionierhaus am Bau eines Luftschutzbunkers gearbeitet.

31. August, 1. September 1941

Leningrad ist eingekesselt!
Ich weiß nicht, ob meine Fröhlichkeit jemals wiederkehren wird.

15. September 1941

Meine Mama hatte Angst, dass ich an die Front geschickt werden würde oder ähnlich Schlimmes.

26. September 1941

Ich weiß nicht, woher meine Mama das hat, aber sie sagt, dass ab dem 1. Oktober jeder ab 16 Jahren in die Arbeitsbrigaden aufgenommen wird.

1. und 2. Oktober 1941

Werde ich sterben, so werde ich bei der Verteidigung meines Heimatlandes sterben.

29. Oktober 1941

Ich kann meine Beine vor Schwäche kaum bewegen, und Treppensteigen fällt mir sehr schwer. Meine Mama sagt, dass sich mein Gesicht langsam aufbläht.

9. und 10. November 1941

Jeden Tag träume ich von Brot, Butter, Kuchen und Kartoffeln.

9. und 10. November... (Fortsetzung)

Mama und Ira kommen herein, hungrig, kalt, müde … Sie können kaum beim Gehen ihre Füße nachschleifen. Kein Essen zu Hause, kein Holz für den Herd …

28. November 1941

Heute werde ich meine Mama auf Knien bitten, mir die Brotkarte von Irina zu geben.

5. Dezember 1941

Mama hat schon recht, man muss immer an das Beste glauben. Im Moment müssen wir glauben, dass wir evakuiert werden.

24. Dezember 1941

Wenn die Evakuierung bis zum 1. Januar verschoben wird, sind wir am Ende, denn wir haben nur noch für zwei Tage Lebensmittelkarten, kaum drei.

4. Januar 1942

Herr, rette mich, gewähre mir die Evakuierung, rette uns alle drei, Mama, Ira und mich …!

6. Januar 1942

Und jetzt ich, ich, ich …

22. Juni

28. Juni

31. August, 1. September

15. September

26. September

1-2. Oktober

29. Oktober

9.-10. November

9.-10. November… (Fortsetzung)

28. November

5. Dezember

24. Dezember

4. Januar

6. Januar

Über Jurij

Jurij spielt Schach am 22. Juni 1941. Künstlerin: Arin.N.

Zu Beginn des Krieges lebt Jurij zusammen mit seiner Mutter und Schwester in Leningrad.

Am 22. Juni 1941 marschiert die deutsche Wehrmacht in die Sowjetunion ein – da ist Jurij gerade einmal 16 Jahre alt. An diesem Tag beginnt er Tagebuch zu schreiben. In seinen Einträgen beschreibt er eindrücklich die sich stetig verschlechternde Situation für ihn und seine Familie. Er schreibt über Hunger, Not und darüber, wie das Hungern sie alle drei um den Verstand bringt.

Während seine Schwester und Mutter am 8. Januar 1942 evakuiert werden können, bleibt Jurij völlig entkräftet und allein in der eiskalten Wohnung zurück. Er überlebt die Blockade nicht. Sein letzter Tagebucheintrag vom 6. Januar lautet: „Und jetzt, ich, ich, ich…”